Bolivien - Meine neue Heimat!

Bolivien ist ein Binnenstaat in Südamerika, der im Westen an Peru und Chile, im Süden an Argentinien und Paraguay, im Osten und Norden an Brasilien grenzt. Die Hauptstadt des Landes ist Sucre. Der Westen Boliviens ist durchzogen von den Anden. Cochabamba liegt im Hochland der Anden auf ca. 2500 Metern Höhe und ist mit rund 630.000 Einwohner die viertgrößte Stadt Boliviens. Durch die enormen Höhenunterschiede ist das Klima in Bolivien sehr vielfältig. Von dem kühl-gemäßigtem Höhenklima auf dem Altiplano (Höhenland), bis zu einem tropischen Klima im Tiefland. Neben Spanisch, werden vor allem die landestypischen Sprachen Quechua, Aymara und Guarani gesprochen. Bolivien gilt als das ärmste Land Südamerikas. Im Jahr 2016 lag das Land auf Platz 118 von 188 Ländern im Human Development Index.

Comida Típica - Essen in Bolivien

Piqué macho - oder auch - Piqué a lo macho

Eines der ersten typischen bolivianischen Gerichte, die ich hier in Cochabamba probieren durfte war Piqué macho. Der Name des Gerichts impliziert, dass dieses Essen nur von einem echten “Kerl” (einem “Macho” eben) verspeist werden kann. Ob aufgrund der Schärfe oder aufgrund der Mengen, in denen die Speise serviert wird, sei mal dahingestellt.

 

Meine Arbeitskolleginnen kochten Piqué Macho für mich als Willkommensessen in der Fundación und wenig später bot unser Sprachinstitut einen Kochkurs an, um die Zubereitung dieser Speise zu erlernen, an dem Kati (meine Mitbewohnerin) und ich teilnahmen.

 

Die Speise setzt sich zusammen aus unterschiedlichen Zutaten, die letzten Endes alle aufeinander gehäuft werden:

 

- frittierte Kartoffelspalten

 

- Rindersteakstückchen

 

- Hot Dog Würstchen und/oder schärfere Wurst, die diagonal aufgeschnitten werden

 

Diese drei Bestandteile werden gebraten/frittiert und dienen als Grundlage für die frischen Zutaten

 

- Tomaten

 

- Paprika (grün)

 

- Zwiebeln

 

Werden auf die Kartoffeln und das Fleisch gehäuft

 

- hart gekochtes Ei

 

begleitet den Berg

 

- Majo

 

- Ketchup

 

- Senf

 

- selbstgemachte scharfe Soße

 

- Bier

 

werden über dem Berg aus Fleisch und Gemüse verteilt

 

Fertig!

 

Sehr lecker und gar nicht sooo schwer nachzukochen…

 

Pastel con Api

Pastel con Api ist ein typisch bolivianisches Frühstück und besteht aus einer mit Käse gefüllten, frittierten Teigtasche, die mit Puderzucker bestreut wird und einem heißen Getränk aus Maismehl. Api kann aus weißem und rotem Maismehl gekocht werden. Typisch ist es, beide Sorten im Glas zu vermischen, sodass das Getränk äußerlich einem Kirsch-Bananensaft gleicht. Das Aufeinandertreffen des salzigen Käses und des süßen Maisgetränks macht Pastel con Api meiner Meinung nach zu einem sehr schmackhaften Frühstück, das man meist bei Straßenfesten, aber auch so an kleinen Ständen am Straßenrand findet.

 

 

 

Silpancho

Silpancho ist ein typisches cochabambinisches Gericht. Es setzt sich zusammen aus einem riesigen, sehr dünnen Stück Fleisch, welches an ein Schnitzel erinnert, Reis, Kartoffeln, Ei und Salat. Das Fleisch wird auf den Reis und die frittierten Kartoffeln gebettet. Auf das Fleisch werden dann noch ein Spiegelei und Salat gehäuft. Meistens besteht der Salat aus roten Zwiebeln, Paprika und Tomaten. 

Charque

Charque stammt ursprünglich aus Oruro, wird jetzt aber in ganz Bolivien gegessen. Der Hauptbestandteil des Gerichts ist Trockenfleisch, es wird entweder Lamafleisch oder Rindfleisch verwendet. Begleitet wird die große Menge Fleisch von hart gekochten Eiern, Kartoffeln, Mais und Weichkäse. Zusätzlich kann man das salzige Fleisch noch nach Belieben mit scharfer Soße nachwürzen.

Fiestas Tradicionales - Feiern in Bolivien

Todos Santos y Día de los Difuntos

Anfang November wird in Bolivien, wie in Deutschland auch, in Gedenken an alle Verstorbenen Allerheiligen und Allerseelen gefeiert. Auch wenn der Feiertag im Grunde derselbe ist, unterscheidet sich die Art und Weise, wie die Bolivianer mit dem Thema Tod umgehen sehr stark von den uns bekannten Traditionen am 1. November. Todos Santos (Allerheiligen) und der Día de los Difuntos (Allerseelen) stellen zwei der wichtigsten Feierlichkeiten im bolivianischen Jahr dar und werden generell sehr viel fröhlicher gefeiert als es mir aus Deutschland bisher bekannt war. Eine unserer Mentorinnen nahm uns an beiden Tagen mit und zeigte uns, wie viele Bolivianer typischerweise diese Feiertage verbringen. Die Feierlichkeiten beginnen ab Mittag des 1.Novembers damit, dass, dem Glauben der Menschen nach, die Seelen ihrer verstorbenen Angehörigen in die Welt der Sterblichen zurückkehren und in die Häuser ihrer Familien eintreten. Deshalb ist ein wichtiger Teil der Feier das Herrichten eines Tisches („mesa“) für die zurückkehrenden Seelen. Dabei gilt es viel zu beachten, denn auf jedem Tisch müssen bestimmte Bestandteile zu finden sein, damit die Seele zufriedengestellt ist und auch um sicherzugehen, dass die Seele nach dem Fest zurück ins Reich der Toten übergehen kann und nicht in „unserer“ Welt gefangen bleibt. Einige der unabdingbaren Elemente des Tisches sind die folgenden:

 

 

 

- „T´antawawas“ (Quechua: T´anta – Brot, wawa – Kind): Brote, in Form von Kindern, repräsentieren den/ die Verstorbene/n

 

 

 

- „Bizcochuelo“ (Art Löffelbiskuit): Gebäck aus süßem Teig, viereckig geformt, repräsentiert den Sarg

 

 

 

- „Escalera“ (Leiter): Gebäck in Form einer Leiter, als Medium zwischen der Welt der Toten und „unserer“ Welt

 

 

 

- „Cruz“ (Kreuz) – Gebäck in Form eines Kreuzes, repräsentiert den gekreuzigten Christus, der den Verstorbenen beschützt

 

 

 

- „T´antacaballo“ ( Quechua: T´anta – Brot, Spanisch: caballo – Pferd) – Gebäck in Pferdeform, soll die Gaben transportieren

 

 

 

- Blumen – repräsentieren den Schmerz der Trauernden um den Verstorbenen

 

 

 

- Ein Glas Weihwasser – mit dem Wasser wird die Kleidung des Verstorbenen besprüht

 

 

 

- Cocablätter, Zigarren, Zigaretten – damit es der Seele des Verstorbenen gut geht

 

 

 

- „T´antapaloma“ (Quechua: T´anta – Brot, Spanisch: paloma – Taube) – Brot in Taubenform, repräsentiert den heiligen Geist

 

 

 

- Lieblingsessen des Verstorbenen

 

 

 

- „Coronas“ (Spanisch: Kränze) – schwarz – dunkelviolett bei Erwachsenen, weiß – hellblau oder rosa bei Kindern

 

 

 

- Süßigkeiten – für die Engel

 

 

 

- „Caña de azucar“ (Spanisch: Art Zuckerstange) – repräsentiert eine Art Gehstock, um die Seelen bei ihrer Wanderung aus der Welt der Toten zu unterstützen

 

 

 

- Getränke – Wein, Bier oder Chicha für Erwachsene, Erfrischungsgetränke für Kinder

 

 

 

- „Taquru“ (Frühlingszwiebel) – das in ihnen gespeicherte Wasser soll den Durst der Geister löschen

 

 

 

- „Epitafio“ (Epitaph) – trägt den Namen des Verstorbenen

 

 

 

- der Tisch wird bei Erwachsenen mit einer schwarzen, bei Kindern mit einer weißen Tischdecke abgedeckt

 

 

 

- außerdem steht auch immer ein gerahmtes Bild des Verstorbenen mit auf dem Tisch

 

 

 

Am Abend des 1.Novembers ist es dann üblich in seinem Viertel von „mesa“ zu „mesa“ zu gehen und um die Erlösung der Seele des Verstorbenen zu beten. Unsere Mentorin nahm uns mit und so hatten auch wir die Möglichkeit, an dieser Tradition teilzunehmen. Die Häuser laden meist mit einem Schild oder einer typischen Dekoration dazu ein, einzutreten, sich den Tisch anzusehen, mit den Angehörigen über ihren Verstorbenen zu sprechen und dann auch zu beten. Wir haben dann immer mehrere Durchgänge des „Padre Nuestro“ („Vater Unser“), des „Ave María“ und des „Gloria“ gebetet. Nach dem Beten bekommt man von den Familien Essen, Getränke oder kleine Tüten mit Gebäck zum Dank. Da alleine für den Tisch schon mehrere Arten Gebäck benötigt werden und dann zusätzlich noch Gebäck für die betenden Besucher angefertigt wird, stehen die Familien oft mehrere Tage in der Küche, um mehrere Sorten Teig anzurühren, die Brote zu formen und zu backen. Generell ist die Stimmung in den Häusern immer sehr einladend gewesen und obwohl es auch keine ausschweifenden Feiern sind, kam bei uns keinesfalls eine traurige Beklommenheit auf, sondern vielmehr Erstaunen und Begeisterung darüber, den Verstorbenen auf so eine schöne, gemeinschaftliche Weise zu gedenken. Wir Freiwilligen waren alle durchweg fasziniert von der Gastfreundschaft der Menschen und dieser Tradition und dem Willen aller, für die Erlösung fremder Seelen zu beten. Nachdem wir bei einigen Häusern gebetet hatten, ging es für uns nach Hause, aber die Feierlichkeit ging am Folgetag weiter.

 

Am Día de los Difuntos (Allerseelen) ging es für uns mit unserer Mentorin auf den Friedhof. Früher brachten alle Familien die Gaben, die sie am 1. November auf der „mesa“ aufgebaut hatten zum Friedhof, um dort am Grab mit den Seelen ihrer Angehörigen zu feiern. Leider ist es jetzt hier in Cochabamba nicht mehr erlaubt, all diese Dinge auf den Friedhof zu tragen, aber die Menschen kommen trotzdem und bauen die „mesa“ stattdessen vor den Mauern des Friedhofs auf. Dort wird erneut gebetet. Auch wenn die Möglichkeiten, auf dem Friedhof zu feiern etwas eingeschränkt sind, ist das Geschehen dort trotzdem sehr turbulent und fröhlich. Einige Familien bringen Instrumente zu den Gräbern ihrer Verstorbenen und singen gemeinsam deren Lieblingslieder. An fast allen Gräbern stehen frische Blumen und die Straßen vor den Mauern des Friedhofs gleichen einem Straßenfest. Außerhalb des Friedhofs sind unzählige Essensstände aufgebaut und es gibt Attraktionen wie Trampoline für die Kinder. Leider hatte unser Besuch auf dem Friedhof aber letztendlich doch einen sehr traurigen Beigeschmack, denn nirgendwo wurde mir bisher der Kontrast zwischen Arm und Reich so drastisch aufgezeigt wie dort. Die Gräber der reichsten Familien, regelrechte Mausoleen, erstaunten uns mit riesigen Glasfronten, Marienstatuen und eigenen Altären. Im Vergleich wirkten die Gräber der Mittelschicht traurig, jeder Familie blieb nur ein kleines Fenster, viele Menschen scharten sich um die großen Bauten, in denen hunderte Gräber auf kleinstem Platz untergebracht waren. Doch das schockierendste waren die Gräber derer, die sich auch diese günstigeren Gräber nicht leisten können. In der hintersten Ecke des Friedhofs, inmitten von Müll und dem Kompost für die verblühten Blumen der Gräber standen Menschen vor den beschmierten Mauern des Friedhofs und trauerten um ihre Angehörigen. Auch sie wollten an diesem Tag für ihre Verstorbenen da sein und brachten Blumen, knieten und beteten. Doch es gab keine Grabsteine, einige hatten die Namen ihrer Liebsten in die Friedhofsmauer geritzt oder eigene Tafeln angefertigt. Für mich war es wie ein Schlag ins Gesicht zu sehen, wie sich nur Meter entfernt von diesem Szenario die prunkvollen Familiengräber der Reichen aneinanderreihten, ein Kontrast, der uns alle mit der Allgegenwärtigkeit von Armut und sozialer Ungerechtigkeit konfrontierte. 

 

 

Insgesamt war es unglaublich interessant, mehr über die Bedeutung von Tod und auch dem Leben nach dem Tod hier in Bolivien zu erfahren. Was hier gefeiert wird ist etwas, das in die Welt des Übernatürlichen, des Glaubens und des Geheimnisses übergeht und daher schwer zu glauben und zu verstehen ist. Dies ist vor allem auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass dem Land, wie bei jedem katholischen Fest, das in Bolivien gefeiert wird, die Idee von Allerheiligen und Allerseelen mit der Eroberung Südamerikas durch die Spanier aufgezwungen wurde. Dieser Versuch, Bolivien eine komplett neue kulturelle Identität überzustülpen, ist allerdings glücklicherweise oft nicht ganz aufgegangen. An vielen Stellen findet man in den Feierlichkeiten der Bolivianer Aspekte, die ganz und gar nicht katholisch sind, sondern dem Einfluss der ursprünglichen andinen Kultur zuzuschreiben sind. So auch beim Fest um Allerheiligen. Denn das, was wir hier miterlebten, ist eine Vermischung der katholischen Allerheiligentraditionen und der Feierlichkeit „Mast´aku“ der Quechua, bei der die Andenkulturen die Parallele zwischen dem Zyklus der Natur und dem Lebenszyklus des Menschen ziehen. Es wird nicht nur der Abschied von den Verstorbenen gefeiert, sondern auch das Ende der Trockenzeit und der Beginn der Regenzeit. Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, wie sich die andine Kultur mit den katholischen Bräuchen zu einem ganz neuen Glauben vereint hat. So werden neben der „Pachamama“ (Quechua: Mutter Erde) auch noch Pacha-p'usaqa, Pachaqamasi, Pachakuti, Uywir, und Achachila verehrt. Ein Vielgötterglaube, der so ja eigentlich nicht mit dem katholischen Glauben vereinbar ist. Und trotz alledem treffe ich hier immer wieder auf Menschen, die sich als katholisch ansehen, die Sonntagsmesse besuchen und Weihnachten feiern und doch niemals darauf verzichten würden, den ersten Schluck ihres Chichas der Pachamama zu schenken. Ich finde es schön und beeindruckend zu sehen, dass das grausame Aufzwingen eines Glaubens und einer Kultur den „Conquistadores“ nicht vollkommen gelungen ist, da die Lateinamerikaner sich so sehr um das Erhalten ihrer Kultur bemühen und durch deren Einflüsse einen ganz neuen Glauben geschaffen haben. Es ist für mich immer wieder eine traurige Vorstellung, dass die Sprache und Kultur der Quechua womöglich bald aussterben und dieses beeindruckende Kulturgut für immer verloren gehen könnte. Denn auch innerhalb der bolivianischen Bevölkerung stellt dies ein Konfliktthema dar. Gerade die städtische Bevölkerung sieht in den alten Traditionen einen Rückschritt, so konnte ich vor allem in der Innenstadt beobachten, wie statt des traditionellen Herrichten der „mesas“ am 1. November vor allem ein Thema vorherrschte: Halloween. Kinder ziehen am 31.Oktober verkleidet durch die Straßen, die Supermärkte sind voll von gruseliger Deko und auf der „Cancha“ werden Kunstblut und Vampirumhänge verkauft. Der Wunsch, global mitzumischen, soll so erfüllt werden, Bolivien „moderner“ werden. Ich sprach auch mit einer meiner Kolleginnen über genau dieses Thema. Sie sagte mir, dass es ihr wehtut, zu hören, dass ihre Töchter nur eines wollen: eine Halloweenparty. Sie hätte sie nicht davon begeistern können, mit ihr die Brote für die „mesas“ zu backen, stattdessen wünschten sie sich schaurige Kostüme. Auch für uns in Deutschland ist die Halloween-Kontroverse nicht unbekannt und ich finde es bedenklich zu sehen, wie das „Fest“ die Welt zu überfluten und andere Traditionen zu verdrängen scheint. So sind doch die Feierlichkeiten hier viel interessanter als ein Haufen Zombies und Vampire. 

 

 

Die miterlebten Feierlichkeiten haben bei mir und meinen Mitfreiwilligen einige Gedankengänge und Diskussionen zum Thema Leben und Tod angeregt und ich für meinen Teil fand es sehr aufschlussreich eine so lebensbejahende, fröhliche und vor allem andere Herangehensweise an das Thema kennenzulernen und hoffe, mich noch lange an diese Anstöße zurückerinnern und meine eigenen neuen Schlüsse daraus ziehen zu können. Leider ist Allerheiligen für uns in Deutschland oft nicht mehr als ein Gang zum Friedhof, dabei sind so viele der Ansätze hier eine schöne Art und Weise dem Verstorbenen zu gedenken, sei es nur das Kochen des Lieblingsgerichte oder das Singen eines geliebten Liedes.

 

Wallunk´a

Im November wurden wir von unserer Mentorin eingeladen, ein traditionelles Fest der Quechua- Kultur mitzuerleben: eine Wallunk´a. Den ganzen November über finden in den kleinen Ortschaften rund um Cochabamba Wallunk´as statt. Die Feierlichkeit, die sich rund um eine große, geschmückte Schaukel (Quechua: Wallunk´a – Schaukel) dreht, wird als Weiterführung der Feierlichkeiten an Allerheiligen (Todos Santos) und Allerseelen (Día de los difuntos) angesehen. Denn die, auf den ersten Blick eher wie ein uns bekanntes Kinderspielzeug anmutende, Schaukel trägt in Wahrheit eine viel tiefer sitzende Bedeutung. Das Hin- und Herschwingen auf der Wallunk´a wird als Symbol für das Durchlaufen des Menschen durch die Hanan Pacha (die Welt darüber, wo der Himmel ist und wo die Vögel fliegen), die Kay Pacha (die Welt der Gegenwart, die irdische, wo lebende Wesen leben) und der Uku Pacha (die Welt der Toten, von allem, was sich unter der Oberfläche der Erde oder des Meeres befindet) verstanden.

 

Nun zum eigentlichen Ablauf der Wallunk´a Feier: Im Mittelpunkt des Spektakels steht natürlich die Schaukel. Vor und/oder hinter der Schaukel sind, einige Meter in der Höhe, Körbe („Canastas“), Schüsseln oder Eimer angebracht, welche mit Obst, Gemüse und Brot gefüllt und mit Blumen geschmückt sind. Diese Körbe gilt es für die schaukelnden jungen Frauen mit ihren Füßen abzureißen. Früher war diese Aktivität nur den ledigen, jungen Cholitas erlaubt, da die Feierlichkeit vor allem auch als „Verkupplungsort“ angesehen wurde und die Mädchen direkt nach dem erfolgreichen Abziehen eines Korbes unten an der Schaukel von einem möglichen Verehrer zum Tanz oder sogar zu einer gemeinsamen Flucht aufgefordert wurden. Heute ist die Feierlichkeit aber deutlich entspannter und ein Fest für die ganze Familie und so durften auch wir auf der Schaukel Platz nehmen und uns einen Korb angeln. Abgesehen von der Schaukel gleicht die Feier aber vielen der typischen, ländlicheren Veranstaltungen: Es wird eimerweise Chicha getrunken (typisches Getränk aus gegorenem Mais, wird immer geteilt und nur aus einer einzigen Holzschale getrunken), Stände mit typischem Essen, wie Charque und Chicharrón, und Musikgruppen, die traditionellen Klänge mit Hilfe ihrer Panflöten und Trommeln über die freie Wiese ertönen lassen. Die Feier erstreckte sich über den gesamten Tag und bis spät in die Nacht; wir tanzten, aßen und tranken, unterhielten uns und naschten ein wenig aus unseren Körben. Insgesamt war die Feier wirklich interessant mitzuerleben und hat viel Spaß gemacht, die leergegessenen Körbe zieren jetzt als Dekoration unsere Zimmer hier in Cochabamba. 

Aniversario de Cochabamba

Jedes Jahr am 14. September feiern die Cochabambinos den “Geburtstag” ihrer Stadt, dieses Jahr den zum 208. Mal. Am Morgen des 13. September, also einen Tag vor dem eigentlichen Fest, wird die Innenstadt für den Umzug der Schulklassen gesperrt. Der 14. September ist dann für alle frei und es gibt einen weiteren Umzug, an dem viele unterschiedliche Gruppierungen teilnehmen.

 

Día del peatón

Der “Día del peatón”, also der Tag des Fußgängers, findet mehrmals jährlich in Cochabamba statt. Der “Día del peatón”, den wir miterleben durften, war noch besonderer, weil er in ganz Bolivien gefeiert wurde. An besagten Tagen werden in der ganzen Stadt die Straßen für die Autos gesperrt (mit wenigen Ausnahmen: Notarztwagen, Feuerwehr, Flughafenshuttle…) und die Stadt gehört einen Tag lang nur den Fußgängern, Fahrradfahrern, Skateboardern oder auch Inline-Skatern. Zudem werden viele Stände und Bühnen aufgebaut. Am Prado, der Flaniermeile Cochabambas, konnte man an unterschiedlichen Workshops (z.B. Zumba) teilnehmen oder sich Aufführungen verschiedener Tanz- und Sportgruppen angucken. Das Konzept des “Fußgängertages” kommt aus Cochabamba und hat sich von hier aus auf den Rest des Landes ausgebreitet. Die Motivation hinter der Idee besteht darin, ein besseres Bewusstsein für den Umgang mit unserer Umwelt und auch unserer eigenen Gesundheit zu schaffen und die Menschen aus ihren Häusern auf die Straßen zu locken, um so die Verständigung unter Nachbarn oder sich sonst fernen Personengruppen anzuregen und einen generellen Austausch zu fördern. Wir haben den Tag sehr genossen und ich kann mir auch gut vorstellen, dass ein solches Konzept im Rest der Welt Anklang finden kann, vor allem vor dem Hintergrund der allgegenwärtigen Erderwärmungsproblematik resultierend aus dem mangelnden Umweltbewusstsein der Weltbevölkerung. 

La Fiesta de la Virgen Urkupiña

 

Schon wenige Tage nach unserer Ankunft hier in Cochabamba hatten wir das große Glück eine der größten (und vor allem Längsten) Feierlichkeiten im cochabambinischen Jahr miterleben zu dürfen: La Fiesta de la Virgen Urkupiña. Ich tat mich etwas schwer, zu verstehen, was genau hier gefeiert wird (vermutlich aufgrund der fehlenden Spanisch Vokabeln bezüglich Wallfahrtsorten und religiöser Feierlichkeiten), aber glücklicherweise fand ich in meinem Reiseführer eine sehr verständliche Zusammenfassung der Herkunft des Festes:

 

Quillacollo ist heute mit Cochabamba zusammengewachsen und einer der bedeutendsten Wallfahrtsorte Boliviens. Verehrt wird die Virgen de Urkupiña. Ihr Bildnis befindet sich in der Seitenkapelle der Kirche San Ildefonso. Die Gläubigen hinterlassen Blumensträuße, brennende Kerzen und Votivtafeln.

 

Der Legende zufolge erschien dem armen Hirtenmädchen am Berge Cota, wo sie die Schafe hütete, Maria mit dem Jesuskind. Als sie spät nach Hause kam, schimpften die Eltern mit ihr. Das Kind erzählte von der Erscheinung. Sie überredete die Eltern, ihr zu folgen und gemeinsam kehrten sie an die wundersame Stelle zurück. „Orko Piña - Orko Piña, seht dort auf dem Berg, dort ist sie“, rief das Hirtenmädchen und zeigte auf die Jungfrau, die soeben am Himmel verschwand. Man schrieb den 15. August 1770 und an diesem Tag kommen seitdem jedes Jahr Tausende von Pilgern nach Quillacollo, um ein Wunder von der Jungfrau zu erbitten.“ 1

 

Insgesamt dauern die Feierlichkeiten fast eine Woche an und dank unserer feierbegeisterten Mentorin haben wir drei Komponenten der Fiesta miterleben dürfen:

 

- Entrada Auctóctona: Der Entrada Auctóctona, also der Einzug der einheimischen Gruppierungen, fand am Sonntag statt. Bei der langen Parade unterschiedlicher Musik- und Tanzgruppen bekamen wir einen ersten Eindruck von den traditionelleren Tänzen und Bräuchen.

 

- Entrada Folclórica: Beim Entrada Folclórica ziehen vor allem Gruppen der typischen bolivianischen Tänze, wie zum Beispiel Tinku, Morenada, Llamerado, Carporales oder Salay durch die Straßen Quillacollos. All diese Tänze gehen auf historische Begebenheiten wie Kämpfe (vgl. Tinkukämpfe und Tinkutänze) zurück, werden aber immer wieder neu interpretiert und sind zeitgenössischer denn je. Viele Kinder und Jugendliche tanzen die traditionellen Tänze und es gibt popige Musikvideos zu all diesen Tänzen, die so auch bei uns im Musikfernsehen laufen könnten.

 

- Wanderung nach Quillacollo: Der letzte Teil der Feierlichkeiten, an dem wir teilgenommen haben war die Wanderung von Cochabamba nach Quillacollo. Zugegebenermaßen sind wir nur knapp die Hälfte der 15 Kilometer gewandert. Um 4 Uhr nachts ging es für uns los, viele Jugendliche wandern aber die ganze Nacht durch und nutzen den Weg um eine wandernde Party mit reichlich Getränken und lauter Musik zu feiern. In Quillacollo angekommen ist es dann für alle an der Zeit für ein wärmendes Frühstück: gerne Pastel con Api. Viele der erschöpften Wanderer ruhen sich auf den Grünflächen Quillacollos aus. Zelte, Picknickdecken, Schlafsäcke und müde Gesichter erinnern an einen Campingplatz am Morgen. Überall in der Stadt sieht man nun die ersten der zahlreichen Rituale, die sich bei der Fiesta de la Virgen Urkupiña beobachten lassen. Kerzen werden angezündet und viele Gottesdienste innerhalb der Stadt abgehalten. Allerdings liegt der wahre Pilgerort noch vom Zentrum Quillacollos entfernt. Nachdem wir einen riesigen Markt mit einem großen Angebot von unterschiedlichen Opfergaben für die Virgen Urkupiña durchquert hatten, kamen wir dann am eigentlichen Pilgerort, dem Berg Cerro Quta, an. Dort können Opfergaben gebracht, wichtige Dinge oder Wunschleihgaben gesegnet werden und darüber hinaus findet ein weiterer interessanter Brauch statt, an dem auch wir teilnahmen: Mit Hilfe eines riesigen Hammers schlagen die Menschen Stücke der Gesteinsbrocken auf dem Berg ab. Je größer das Stück, desto mehr Glück hält das kommende Jahr für dich bereit. Nachdem erfolgreichen Abschlagen eines Stückchens wird noch Bier als Opfergabe für die Pachamama, die Mutter Erde, über die Stelle gegossen, an der das “Glück” abgeschlagen wurde.

 

Generell ist die Fiesta de la Virgen Urkupiña unglaublich interessant und ein gutes Beispiel für die Vermischung von katholischen Bräuchen (die Segnungen mt Weihwasser) und indigenen Ritualen (Opfer für die Pachamama). Dieses Phänomen lässt sich immer wieder erkennen und macht die bolivianische Kultur so unglaublich interessant, da es immer wieder faszinierend ist, wie die Einheimischen auf die ihnen von der Kolonialisierung übergestülpte Kultur reagiert und ihren eigenen Glauben mit ihr vermischt haben.

 

Als meine Mentorin mir von einer “Virgen” und einer Feier religiösen Hintergrunds am 15. August erzählte, dachte ich erstmal das “einfach nur” Maria Himmelfahrt gefeiert würde. Wie froh ich doch bin stattdessen dieses bunte, aufregende und interessante Fest miterlebt zu haben, für das oft auch Menschen aus ganz Bolivien nach Quillacollo pilgern.

 

Für meinen Spanischkurs habe ich noch eine Hausaufgabe auf Spanisch über die Feierlichkeiten geschrieben, die ich der Welt natürlich nicht vorenthalten möchte:

 

Aunque llegué hace solo una semana, pude presenciar una fiesta especial en Cochabamba durante este corto tiempo. El festival se basa en un fondo religioso y tiene lugar en Quillacollo, una parte de Cochabamba. En general. La celebración dura varios días y la se compone de diferentes festejos. He visto tres de estas celebraciones: la Entrada Auctóctona, la Entrada Folclórica y la caminata de Cochabamba a Quillacollo. Primero, voy a hablar de la Entrada Auctóctona: Esta celebración fue el domingo. Ante todo íbamos a Quillacollo en trufi. Luego recorrimos el mercado en Quillacollo y comimos un pastel, que se llama “rosquete”. Cuando llegamos a la calle principal del entrada, vi los primeros grupos de baile y música bolivianos. Los bailes fueron muy diferentes e impresionantes y también me gustó la música. Uno de nuestros mentores también tocaba música en un grupo. Eso fue genial. Un poco más tarde corrimos detrás de los grupos y bailamos con ellos, fue muy divertido. Cuando la entrada había terminado, todavía íbamos a una fiesta en un patio trasero con nuestros mentores. Allí probamos chicha y hojas de coca por primera vez. Nos gustaron estos dos. Despúes de un largo día volvimos a casa y nos dormimos felices. La Entrada Folclórica fue otro día. Volvimos a Quillacollo en Trufi pero a última hora de la tarde. La entrada fue aún más grande e impresionante que la primera. Podrías ver un montón de baile típico como por ejemplo Tinku, Morenada, Llamerado y Carporales. Muchos de los disfraces eran precioses y impresionantes, me gustaron mucho. La última parte de la celebración fue muy diferente de las dos primeras. Primero, hicimos una excursión de Cochabamba a Quillacollo. Sin embargo, solo hicimos la mitad del camino, generalmente 15 millas, pero solo fuimos ocho. Nos recogieron a las cuatro de la mañana, así que fue prácticamente en el medio de la madrugada. Cuando llegamos a Quillacollo, desayunamos: pastel con apis. Después de eso, cruzamos el mercado hasta el lugar donde apareció la Urkupiña, Cerro Quta. Allí se podían observar muchas costumbres y traduciones, tambien pasamos por dos: En la primero costumbre, intentas con la ayuda de un mazo cortar una parte de las rocas que están en la encima de la montaña. Cuanto más grande es lapieza de roca suelta, más suerte hay para el año siguiente. Luego derramas cerveza para la Pachamama. La segunda costumbre en en la que participamos fue una bendición con agua benedita. Uno no solo podría bendecirse a sí mismo, sino también a los objectos que uno había comprado. La benedición fue donada con la ayuda de una flor federal. En general, la fiesta de la Virgen Urkupiña fue muy educativa e interesante, ya que se podía aprender mucho sobre las costumbres habituales e incluso participar.

 

1Braune, Hella/ Semper, Frank: Bolivien Reisekompass. Hamburg. 2010, S. 250

 

 

 

Entrada Universitaria UMSS con Tinkus San Simon

Festividad del San Miguel en Tiquipaya

Las ciudades bolivianas - Die Städte Boliviens

Cochabamba

La Paz

Santa Cruz de la Sierra

En viaje - Reisen in Bolivien

Incachaca

Inka Raqhay

Salar de Uyuni

Copacabana, Lago Titicaca, Isla del Sol y Isla de la Luna